1. März 2023 / Partner - News

Was tun gegen Depression – ein Interview mit einem Betroffenen

Diakonie Hochfranken gGmbH

Hof. Seit Dezember 2022 gibt es in Hof eine neue Selbsthilfegruppe für Menschen, die an Depressionen erkrankt sind. In Kooperation mit der Selbsthilfekontaktstelle haben Mitarbeitende des Sozialpsychiatrischen Dienstes der Diakonie Hochfranken erste Treffen initiiert. Geplant ist es, die Gruppe nach anfänglicher Begleitung zu verselbständigen.

Jeden ersten Donnerstag im Monat trifft sich die Selbsthilfegruppe Depression in den Räumlichkeiten des Sozialpsychiatrischen Dienstes in der Luitpoldstraße 18 in Hof. In Zukunft wird ein 14-tägiger Turnus angestrebt, um Betroffenen effektiv helfen zu können und der Gefahr von Depressionen vorzubeugen. Aber wie erkennt man, ob man von dieser Erkrankung bedroht ist. Ein Interview mit einem Betroffenen gibt Aufschluss. In einem Gespräch mit Alexandra Pape vom Sozialpsychiatrischen Dienst Hof schildert ein Teilnehmer, was ihn bewogen hat, sich dieser Gruppe anzuschließen (Name wurde geändert): 

Frau Pape: Herr Müller, Sie nehmen an der Selbsthilfegruppe Depressionen teil. Wie lange leiden Sie schon an Depressionen? 

Herr Müller: Das Ganze begann vor etwa 25 Jahren mit einem „Burnout“. Zu dieser Zeit kam vieles zusammen: ich war Perfektionist, habe in einem neuen Unternehmen angefangen zu arbeiten und war zum Teil bis in die Nacht unterwegs. Ich habe zunehmend nur noch an die Arbeit gedacht. Damals habe ich auch angefangen mehr Alkohol zu trinken, um mich abends zu entspannen und um „runterzukommen“. Dann kam irgendwann der Punkt des „Burnout“, des körperlichen und psychischen Zusammenbruchs und ich musste ins Krankenhaus. Danach hatte ich eine psychosomatische Reha, die mir wirklich sehr geholfen hat. Seitdem „begleiten“ mich die Depressionen bis heute. 

Frau Pape: Wie stellt sich die Erkrankung bei Ihnen persönlich dar? Welche Symptome zeigen sich noch heute? 

Herr Müller: Damals habe ich zunächst nur die körperlichen Anzeichen wahrgenommen, also bspw. Herzrasen, Beklemmungen, das Gefühl der Leere, ich hatte keinen Plan, hatte das Gefühl, in einem Loch zu sein. Gleichzeitig wäre ich nie auf die Idee gekommen, überlastet zu sein. Heute kann ich durch die Gespräche auf Reha, mit anderen Betroffenen aber auch Therapeuten, auch psychische Anzeichen besser erkennen. Also wenn ich z.B. immer mehr in negatives Denken komme, mich selbst als wertlos empfinde, oder Ängste zunehmen. Auch suizidale Gedanken haben schon eine Rolle gespielt, also Gedanken wie: „Wofür das alles noch?“, „Warum anderen weiter zur Last fallen?“, oder „Vermutlich wäre es besser, ich wäre nicht mehr da…“. (Anmerkung: Suizidale Gedanken sind eine häufige Begleiterscheinung von Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen. Bei akuter Suizidalität erhalten Sie in solchen Fällen Hilfe beim Krisendienst Bayern unter der kostenlosen Telefonnummer: 0800 / 655 3000) 

Frau Pape: Worauf müssen Sie im Alltag besonders achten, um psychisch stabil zu bleiben? 

Herr Müller: Ich achte darauf, mir immer kleine Ziele zu setzen, auf die ich hinarbeite. Außerdem: Struktur! Das ist sehr wichtig für mich. Dass ich regelmäßige Schlaf- und Essenszeiten einhalte, mir Aufgaben realistisch einteile und mich nicht mehr überfordere.

Frau Pape: Sie sind am Aufbau einer neuen Selbsthilfegruppe für Menschen mit Depressionen in Hof beteiligt. Was erhoffen Sie sich von dieser Gruppe?

Herr Müller: Ich erlebe in meinem privaten Umfeld glücklicherweise viel Akzeptanz, aber richtig verstehen kann es niemand, was es heißt, an Depressionen zu leiden. Die Erfahrungen während meiner psychosomatischen Reha haben mir ganz deutlich gezeigt, wie hilfreich ein Austausch mit anderen Betroffenen ist. Man vermeidet sonst immer, über die Erkrankung zu sprechen. Man schämt sich dafür und hat Angst einen Stempel aufgedrückt zu bekommen. Während der Reha konnten wir offen über das Thema sprechen und haben gesehen, dass es anderen ähnlich geht. Gleichzeitig haben wir viel gelacht und haben schöne Dinge miteinander unternommen. Das erhoffe ich mir auch von dieser Selbsthilfegruppe: dass alle mit ihrer Erkrankung offen umgehen, dass wir uns austauschen können und gleichzeitig miteinander eine gute Zeit haben und uns gegenseitig unterstützen. Es ist wichtig, sich auszutauschen, aber eben auch nach vorne zu schauen und zu überlegen, was helfen könnte! Vielleicht können wir auch etwas zusammen unternehmen und uns gemeinsame Projekte vornehmen. Wir haben doch alle ein Recht auf ein glückliches Leben! 

Frau Pape: Was möchten Sie anderen Betroffenen an dieser Stelle gerne in Bezug auf die Selbsthilfegruppe mitteilen?

Herr Müller: (lacht) Vor allem: „Kommen und anschauen!“. Wenn es einem nicht gefällt, lässt man es eben wieder. Und allgemein möchte ich allen Betroffenen Mut machen, zu lernen, Grenzen zu ziehen und auf sich selbst zu achten und für sich zu sorgen! 

Frau Pape: Vielen Dank, Herr Müller, für dieses offene Gespräch!

Nächster Termin: Donnerstag, 02. März 2023, von 17.00 bis 18.30 Uhr
Ort: Luitpoldstraße 18 in Hof, Eingang B, Besprechungsraum im zweiten Stock 

Kontakt:  

Sozialpsychiatrischer Dienst Hof
Tel.: 09281 / 837 530
Mail: sozialpsychiatrischerdienst@diakonie-hochfranken.de
Adresse: Luitpoldstraße 18, 95028 Hof

Selbsthilfekontaktstelle der Diakonie Hochfranken
Tel.: 09281 540390 590
Mail: selbsthilfe-kontakt@diakonie-hochfranken.de
Adresse: Sophienstraße 18a, 95028 Hof

Gut zu wissen:

Selbsthilfe ist neben der medizinischen und therapeutischen Behandlung ein weiterer wichtiger Baustein in der Behandlung von psychischen Erkrankungen, wie etwa Depressionen. Es handelt sich dabei um ehrenamtlich geführte Zusammenkünfte von Menschen mit demselben Problem oder einem gemeinsamen Anliegen. Ziel dabei ist die gegenseitige Unterstützung, der Informationsaustausch oder gemeinsame Aktivitäten. Neben dem Austausch über das gemeinsame Thema ist vor allem das Gefühl, mit der Thematik nicht allein zu sein sowie der Blick der anderen Gruppenteilnehmenden auf bereits vorhandene Ressourcen und mögliche Lösungen besonders hilfreich, um für sich neue Wege im Umgang mit der eigenen Problematik zu entwickeln.

Foto: Diakonie Hochfranken; Alexandra Pape, Dipl.-Sozialpädagogin (FH), Systemische Therapeutin (DGSF)
Quelle: Diakonie Hochfranken

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