26. Oktober 2023 / Pressemitteilung

Das Staunen über die Welt

Eine Vernissage vom Künstlers Stefan Knechtel im Grafikmuseums Bad Steben

Bad Steben - Das Bad Stebener Grafikmuseum Stiftung Schreiner zeigt Arbeiten des Thüringer Künstlers Stefan Knechtel: Es ist ein Querschnitt durch mehrere Jahrzehnte künstlerischen Schaffens, das Suchen und Finden einer inneren Landkarte.

Erst kommt die Zeichnung, dann die Arbeit mit Hammer und Stecheisen am Bildstock und dann der Druck; ein künstlerischer Schaffensprozess wie seit Hunderten von Jahren. Es sei diese sinnliche Erfahrung, die ihn so fasziniere, so der Künstler Stefan Knechtel. Das zunächst gedankliche Nähern mit Stift und Papier, dann das Haptische, das Begreifen des Holzstocks, das rhythmische, geradezu meditative Ritzen, Schaben, Klopfen von feinen und feinsten Linien und Flächen und schließlich der Druck, das Übertragen einer Idee vom Dreidimensionalen ins Zweidimensionale.

Ob das mit den Mitteln der KI, mit einem Grafikprogramm am iPad nicht einfacher ginge? „Der Gedanke, dass seit dem Mittelalter Generationen von Künstlern nicht anders gearbeitet haben, das macht natürlich was mit mir. Das weckt eine Innigkeit und Verbundenheit mit diesen Personen. Aber es weckt auch eine starke Verbindung zu diesem wunderbaren handwerklichen Prozess, den die Druckgrafik durchläuft und zum Material“, so Knechtel. Und dann fügt er an: „Bei aller Erfahrung bleibt im handwerklichen Schaffen immer Raum für das Experiment, Raum für das Unbekannte und vielleicht Unerwartete. Ich gehe ja immer mit neuem Entdeckergeist an die Arbeit.“

Das Grafikmuseum Stiftung Schreiner zeigt unter der Überschrift „Terra incognita“ einen Querschnitt durch das Werk des in Altenburg (Thüringen) lebenden akademischen Künstlers: Zeichnungen, Radierungen, Holzschnitte und Druckstöcke. Ca. 80 Arbeiten, die im Laufe von über 30 Jahren entstanden sind. Im Mittelpunkt seiner Betrachtung stehen Landschaften. Keine realen Abbildungen, sondern Geschichten von Landschaften, Reflexionen, innere Bilder und Vorstellungen. Darunter auch Kartierungen. So wie seine Darstellung einer Erdkugel.

Knechtels „Eigenkugel“ erinnert unwillkürlich an Martin Behaims „Erdapfel“, der als erster Globus überhaupt Mitte des 15. Jahrhunderts entstand. Hier zeigt sich der unverstellte Entdeckergeist des Künstlers. Knechtels Lindenholzkugel mit 75 Zentimetern Durchmesser bildet - anders als die Lehmkugel Behaims - nicht die Erde mit ihren Ozeanen und Kontinenten ab - sie scheint vielmehr der Seelenglobus eines jungen Suchenden zu sein. Ein Ringen um Verstehen, Begreifen und um die eigene Verortung in einer nicht zu fassenden Welt. Knechtels „Eigenkugel“ ist ein frühes Werk, das vor über 30 Jahren entstand - aber es hat erstaunliche Aktualität. „Die Arbeit entstand in der Reflexion zu dem Bericht vom Club of Rome ‚Die Grenzen des Wachstums‘, der mich bis heute sehr beschäftigt. Wohin steuern wir politisch, gesellschaftlich, ökologisch?“

Stefan Knechtels Erdkugel zeigt feinste Linien, Bögen und Schraffierungen bis hin zu Gitterstrukturen. Doch die Erdkugel des Thüringer Künstlers ist nicht - wie die Darstellung der Erde üblicherweise - durch sphärisches, lichtes Blau geprägt. Sein Globus ist schwarz und weckt die Assoziation an verbrannte Erde. Spätestens hier wird die aktuelle Brisanz des Objektes deutlich.

In der Ausstellung wird die Kugel zur eigenständigen Skulptur. In der Tat ist sie aber zunächst Druckstock und geschwärzt durch die sogenannte „Federfarbe“ Schwarz, die Knechtel für seine Grafik verwendet, weil sie, wie einst mit einer Feder, ein besonders feines Arbeiten erlaubt. Wie die Künstler rund um Martin Behaim, so hat auch Knechtel einen zweidimensionalen Abdruck seiner Kugel geschaffen. Kein einfaches Unterfangen. Ähnlich den Segmenten einer aufgeschnittenen Orange reihen sich die Bildfragmente kontrastreich in Schwarz auf weißem Grund aneinander. Entstanden ist ein fast archaisch anmutendes Werk, mal fein, mal grob mit schnellem Strich gezeichnet, mit spannender Ornamentik - und viel Raum für eigene Interpretation. Raum für Länder oder innere Landschaften, die es noch zu entdecken gibt. „Terra incognita - die weiße Fläche auf einer Landkarte, die für bislang Unbekanntes steht. Vor Jahren hat der mehrfach ausgezeichnete Künstler und Kunstdozent, der u.a. Preisträger des „Wolfgang Schreiner-Stiftungspreises für Druckgrafik 2022“ ist, eine noch größere Erdkugel geschaffen. Sie steht im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, unweit von Behaims legendärem „Erdapfel“.

Dass Knechtel auch spielerisch farbenfroh arbeiten kann, zeigt er ebenfalls in Bad Steben. Was allen Arbeiten des 1964 in Dessau geborenen Künstlers gemein ist: Sie laden den Betrachter ein, in Resonanz zu gehen, die Geschichten hinter den Bildern zu entdecken und durch eigene Geschichten zu ergänzen. „Es ist die Interaktion mit dem Betrachter, die mich interessiert. Ich will keine vorgefertigten Interpretationen liefern, sondern Freiraum lassen für eigene Entdeckungen.“ Und nein, er sei auch kein politischer Künstler, sagt Knechtel, auch wenn manche Arbeiten wie sein Blatt „Unterbrechung“, das einen Weg zeigt, der wie durchtrennt wirkt, oder seine Darstellung babylonischer Türme vermuten lassen. Nein, er will dem Betrachter ein ästhetisches Erlebnis schenken - aber eben nicht nur das. „Ich möchte die Sensibilität des Betrachters für bestimmte Themen und für die eigene Wahrnehmung wecken. Ich möchte mein Staunen über die Welt teilen und dazu einladen, die Bereitschaft, immer neue Fragen zu stellen, lebendig erhalten.“

Stefan Knechtel: „Terra incognita“
29. Oktober 2023 bis 14. Januar 2024
Vernissage: Sonntag, den 29. Oktober 2024, 11:00 Uhr

Eintritt frei.

Mehr Infos unter: www.grafikmuseum-schreiner.de

Quelle: Sabine Raithel, Redaktionsbüro, Public Relations, Text, Beratung

 

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